17.07. – 06.08.2004 Indonesien: Lombok, Sumbawa, Flores und West-Timor sowie Timor Leste
Bis ans "Ende” von Indonesien und darueber hinaus

Bali haben wir mehr oder weniger fluchtartig verlassen. Es ist gerade Hochsaison und die Insel vollgestopft mit Touristen. Ausserdem bietet sie fuer uns landschaftlich nichts Neues. Nichts, was wir nicht bereits aus Java her kannten. Nach vier Stunden heftig schaukelnder Faehrfahrt erreichten wir Lombok. Zwischen Bali und Lombok verlaeuft die sogenannte Wallace-Line. Dies bedeutet, dass sich die Flora und Fauna drastisch aendert. Oestlich dieser Linie, d.h. ab Lombok gibt es keine grossen Saeugetiere mehr, wie z.B. Elefanten, Tiger und Nashoerner. Auch der Regenwald ist nun verschwunden und macht kargen Felsen und einer duerftigen Vegetation Platz. War zuvor immer alles "Gruen”, so ist nun ab hier alles "roetlich Braun”.
Am naechsten Morgen wollten wir die Ketten der Motorraeder schmieren und dabei fiel mir an Volkers Bike eine grosse Delle am Tank sowie Absplitterungen und Risse an der Verkleidung auf. Von der Faehre konnte dies nicht herkommen. Das waere Volker bei der Weiterfahrt sofort aufgefallen. Nach und nach konnten wir den misterioesen Vorgang rekonstruieren. In der Nacht muss ein Lomboker versucht haben Volkers Bike vom Seitenstaender aufzurichten. Mit den Koffern und somit dem gesamten Gewicht hat er dann zuviel Schwung gehabt und ist auf die andere Seite umgekippt. Dort waren genuegend Steine, die ohne weiteres eine Delle im Tank verursachen koennen. Das Motorrad wurde wieder aufgerichtet und keiner hat natuerlich was gesehen oder gehoert. Volker uebertrumpfte jedes HB-Maennchen, hatte er doch trotz seiner Umfaller nie Schaeden am Moped. So kam es, dass wir weniger als 24 Stunden auf Lombok verbrachten.
Das Erste was wir von der naechsten Insel, Sumbawa, erblickten, sind braune Berge - nichts gruenes, alles verdoerrt und verkrueppelt. Je weiter wir aber Richtung Norden kommen, desto gruener wird es. Wir fuhren ueber einsame Strassen und nur ab und zu kommt uns ein LKW oder Bus entgegen. In den Doerfern dominieren Pferdekutschen (na ja, eigentlich Ponies), welche fuer Kurzstrecken als Taxi eingesetzt werden. Sie warten an den Busbahnhoefen und an jeder Strassenecke auf ihre Kunden. Fuer uns sind sie ein dahinschleichendes Hindernis und wir konnten unsere Technik in "abbremsen – ausweichen” verfeinern. Entlang der Nordkueste ist es wunderschoen. Das tuerkisblaue Meer reicht bis an die Strasse heran, wir sehen menschenleere Buchten und fahren ueber Steilkuesten. Fischerboote ankern in Kuestennaehe und geben dem Landschaftsbild das Tuepfelchen auf dem i. Viele Haeuser sind in schreienden Farben, giftgruen, Veilchenlila oder Babyblau. So kommt doch noch etwas Farbe in die zum grossen Teil triste Landschaft.
Die Faehre nach Flores ist wirklich erwaehnenswert. Ein alter rostiger Kahn, eher zum absaufen als zum schwimmen bestimmt. Die Menschen schleppten ihr ganzes Hab und Gut auf die Faehre und Bambuskoerbe stapelten sich neben Stuehle, Betten und Huehner. An Volkers Vorderrad war ein Hahn angebunden und pickte genussvoll eine Handvoll Maiskoerner. Auf dem Passagierdeck wurde genauso ueber einander gestapelt und hinzu kamen dann noch hunderte von Menschen. Wir fanden keine Sitzplaetze mehr und so setzte Volkers sich in die Getraenkekisten (leider leer) und ich machte es mir auf dem "etwas” schmutzigen Boden bequem. An beiden Seiten war die Faehre offen und bot genuegend Frischluft. Was bei all den Menschen und den unterschiedlichen Essensgeruechen auch absolute notwendig war. Irgendwann bot man uns zwei Sitzplaetze an und wir nahmen auf den harten Plastikstuehlen Platz. Es war eng und unbequem und an Schlaf war nicht zu denken. Zum Glueck war die See ruhig und so langweilten wir uns waehrend der siebenstuendigen Ueberfahrt.
In Flores angekommen nahmen wir uns ein Zimmer 20 m vom Strand entfernt. Voll freudiger Erwartung gingen wir am naechsten Vormittag zum Baden. Die Bucht war einsam, mit hellem Sand und Baeume spendeten genuegend Schatten. Das Wasser badewannen warm. Direkt vorgelagert die kleineren Inseln der Komodo-Islands. Rechts von uns das Fischerdoerfchen, welches sich harmonisch an den Berg schmiegt. Eigentlich ein malerisches, paradiesisches Bild - aber der Schein truegt. Der Strand sowie das Wasser waren schmutzig und ueberall Plastik und sonstige Abfaelle. Glasscherben blinkten zwischen den Muscheln hervor und auch im Wasser mussten wir um den treibenden Muell Slalom schwimmen. Und das ist so typisch fuer Indonesien, das ganze Land erstickt im Plastik. Der Durchschnittsbuerger hat kein Gefuehl fuer seine Umwelt. Abseits jeglicher Zivilisation findet man noch die Traumstraende, aber ueber Land und somit fuer uns, nicht erreichbar.
Auf der Fahrt durch West-Flores kommen wir durch Laubwaelder, blanke Felsformationen und Vulkanlandschaften. Am auffaelligsten sind aber die Kirchen und Missionen, die zum Teil impossante Groessen haben. Als uns einmal ein Deutz-Traktor entgegekommt, wussten wir sofort, dass die Mission im Ort Deutsch ist. Der ueberwiegende Teil der Bevoelkerung Flores ist katholisch und wir lernen Maenner mit den Vornamen wie Martin, Josef und Johannes kennen. Und fuer Christen kein Tabu mehr – Schweine. Ueberall wimmelt es von diesen Allesfressern. Und dann waren wir am Ende angelangt, oder besser gesagt in der Stadt namens ENDE. Ende zieht sich ueber Kilometer hinweg und ist eine lose Ansammlung von Haeusern. Von hier legt die Faehre nach Timor-West ab und wir wurden auf eine kleine Geduldsprobe gestellt. Verladen um 0.00 Uhr und ablegen um 1.30 Uhr. Okay, dachten wir, die Zeit bis dahin koennen wir uns am Hafen vertreiben und checkten in unserem Gaestehaus aus. Am Nachmittag erhielten wir die Auskunft: Verladen 3.00 Uhr und Abfahrt um 5.00 Uhr und wir checkten im Gaestehaus wieder ein, um wenigstens ein paar Stunden zu schlafen. Am spaeten Abend hiess es dann wieder "Verladen um 0.00 Uhr”. So schliefen wir eine Stunde und waren um 0.30 Uhr am Hafen. Und jetzt koennt ihr sicher schon erraten was dann passierte. Die Faehre lief um 3.00 Uhr ein, Verladen um 4.00 Uhr und Abfahrt um kurz nach 5.00 Uhr. Wir lungerten mit hundert Anderen am Faehrhafen herum und froren in der naechtlichen Kuehle. Was fuer eine tolle Nacht! Kurz nach 5.00 Uhr sassen wir in unseren Sesseln. Der Raum war ueberfuellt und in einer 6-Reihe hatten wir die mittleren Stuehle. Nach 12 Stunden rollten wir erleichtert vom Schiff und waren nun in West Timor. Zwei Tage spaeter fuhren wir die 350 km bis zur Grenzstadt. Saemtliche Hotels, Gaestehaeuser, Pensionen waren voll belegt. Wir fanden nicht einmal mehr eine freie Badewanne. Also fuhren wir raus aus der Stadt und Richtung Grenze zu Timor Leste (ehemals Ost Timor). Immer wieder mussten wir nach dem Weg fragen. Es gab keine Wegweiser, die Strasse wurde immer schlechter und wir hatten das Gefuehl eher in den Busch zu fahren anstatt zu einer internationalen Grenze. Es wurde dunkel und diesesmal war es Volker, der einer Schlange nicht mehr rechtzeitig ausweichen konnte und ueber sie hinwegfuhr. Und dann standen wir vor dem Schlagbaum. Aber die Polizei nahm uns mit offenen Armen auf und wies uns fuer die Nacht ein Buero zu. Gegenueber konnten wir in einer Bretterbude noch ein gutes Abendessen zu uns nehmen. Hinter dem Polizeihaeuschen entstand ein lauter Tumult und aufgeregt fuehrte man uns Richtung Strand. Direkt an der Wasserkante lag ein 3 m langes Salzwasserkrokodil, 20 m entfernt grasten ein paar Ziegen. Hmm, lecker. Von der Taschenlampe aufgeschreckt liess das Krokodil sich dann ins Wasser plumbsen und war verschwunden.
Nach einer sehr netten Verabschiedung von unseren Polizisten wurden wir bei der Grenzueberquerung zum ersten Mal auf unserer Reise durchsucht. Das Militaer wollte unbedingt in unser Gepaeck schauen und stellte sich dann anschliessend zu einem Gruppenfoto mit uns in Pose. Mit uns waren Dagmar und Peter, welche in einem Land Rover reisen. Gemeinsam fuhren wir nach Dili, die Hauptstadt des juengsten Staates dieser Erde. Uns fiel sofort auf wieviel armseeliger es auf dieser Seite von Timor ist. Auf dem Land nur Bambushuetten und einfachste Unterkuenfte. Keine Laeden oder Strassenrestaurants. Die wenigen Fahrzeuge auf der Landstrasse sind weiss, mit 2 schwarzen Buchstaben: UN. Dili ist eine Stadt mit 120.000 Einwohnern, die Haeuser in einem schlechten Zustand und immer noch sehr vielen ausgebrannten Ruinen. Es wimmelt von UN-Mitarbeitern und weissen Land Rovern. Timor Leste ist seit 4 Jahren unabhaengig und hat noch keine eigene Waehrung. Die USA war so freundlich und hilft mit ihrem US Dollar aus. Im Vergleich zu Indonesien ist es hier um 50 bis 100 % teurer. Wir haben Glueck und finden eine guenstige Privatunterkunft und teilen uns mit Dagmar und Peter ein Haeuschen. Wir koennen uns hier selbst versorgen und haben massig Platz fuer die anstehende Putzorgie. Will man nach Australien einreisen , bzw. Fahrzeuge einfuehren, so muss alles penibel auf Hochglanz poliert werden. Die vom 5. Kontinent haben Angst, dass man Keime, Bakterien oder Insekten mit einschleppen koennte. Und wir muessen mit unseren Motorraedern durch eine Quarantaenekontrolle. Jede Oberflaeche, Kante und Ritze wurde von uns aufgestoebert und gereinigt. Wenn es sein musste sogar mit der Zahnbuerste. Aber auch unser ganzes Gepaeck, Werkzeug, Jacken und Helme unterzogen wir einer Reinigung. Drei volle Tage waren wir damit beschaeftigt und halfen anschliessend noch Dagmar und Peter mit dem Land Rover. Dann pressten wir den Land Rover und beide Motorraeder in einen Schiffscontainer. Aber der Stress war noch nicht vorrueber. Unser Fluggepaeck, wie Zelt, Schlafsaecke und Isomatten wurde von uns geschruppt. Zwischendurch verlangte die Australische Botschaft noch ein Roentgenbild von uns (TB-Untersuchung) und wir hatten das zweifelhafte Vergnuegen ein Krankenhaus von innen zu sehen.
Am Montag, den 09.08.04 fliegen wir nun Down Under, nach Darwin. Volker kann es gar nicht schnell genug gehen. Er moechte den suedostasiatischen Kontinent nach 7 Monaten nun endlich hinter sich lassen. Der Westen ruft!!


Land und Leute:
Indonesien hat ueber 17.000 Inseln und von Sumatra bis Neu Guinea nimmt es 1/8 der Erdoberflaeche ein. Es beheimatet ueber 350 verschiedene ethnische Gruppen mit ueber 300 unterschiedlichen Sprachen. Sprachen, keine Dialekte. Bahasa Indonesisch ist die Amtssprache, die so gut wie jeder versteht. Englisch ist immer beliebter und ist sehr wichtig fuer den Tourismus. Mit Englisch konnten wir uns ganz gut durchschlagen und in den abgelegenen Regionen versuchten wir es mit unseren paar Brocken Indonesisch. Auch auf den oestlichen Inseln sind die Menschen sehr freundlich und hoeflich. Kinder winken uns zu und schreien "Hello”. Das Aufdringliche sowie das nervige "Hello Mister”, "cheap, cheap”, "special Price for you” konzentriert sich auf ein paar wenige Staedte. Wir haben das Gefuehl den normalen Preis zu bezahlen und nicht, dass wir staendig uebers Ohr gehauen werden. Der Benzinpreis ist staatlich geregelt und von Sumatra bis Timor bezahlen wir laecherliche Euro 0,17 pro Liter. Das Bier ist nicht ganz nach Volkers Geschmack und wenn er ein kaltes Bier bestellt, dann bekommt er eine warme Flasche sowie ein Glas mit Eiswuerfeln. Unsere Hauptnahrung bestand nach wie vor aus Huehnchen, Gemuese und Reis. Und fast taeglich assen wir "Fasnetskuechle” mit Kokos- oder Bananenfuellung, hmm lecker.
Die Strassen waren durchweg in einem ueberraschend guten Zustand. Ausserhalb der Ansiedlungen herrscht kein nennenswerter Verkehr. Nur ein paar vollgestopfte Ueberlandbusse und hoffnungslos ueberladene LKW’s. Die nehmen aber dafuer die engen Strassen ganz fuer sich in Anspruch und kommen uns im Gegenverkehr verdammt nahe. Die Faehrpreise sind sehr human und fuer unsere laengste Fahrt, Ende, Flores nach Kupang, Timor (12 Stunden) zahlten wir Euro 25,00 fuer die Bikes und uns zusammen.
In Timor Leste hat die UN von anfaenglich 12.000 Mitarbeitern auf zwischenzeitlich 1.000 reduziert. Das Land selbst hat ca. 800.000 Einwohner, davon ca. 50% unter 14 Jahren. Der Buergerkrieg hat zuviele Opfer gefordert. Vieles musste oder wird komplett neu aufgebaut, wie der Flughafen oder die Ministerien, das Postwesen oder Schulsystem. Ohne die UN Unterstuetzung haetten die Menschen kaum Chancen. Es ist interessant das Alles zu sehen und mit den Menschen zu sprechen. Es macht uns aber auch wieder bewusst, wie hervorragend gut es uns doch geht.
Preise in Timor Leste: 1 ltr. Benzin US$ 0,60, 1 Flasche Bier 0,66 ltr US$ 2,20, 1 Schachtel Zigaretten US$ 1,00, 1 Packung Toastbrot US$ 0,50, 3 riesen Tomaten US$ 0,50, 1 ltr. Milch US$ 1,20.

Gefahrene Kilometer Lombok bis Timor Leste: 1.560 km
Gefahrene Kilometer in Indonesien gesamt: 5.800 km
Bisher gefahrene Kilometer gesamt: 43.850 km

 

 
   
 
 
 
Auf der Fähre
 
 
  In Dili  
     
 
Dili Strand
 
 
 
 
Flores