08. - 25.06.04 Indonesien, Sumatra
Italienisches Flair am Toba See und unwegsamer Sumatra Highway

Bevor wir unsere Bikes in Malaysia auf ein Boot verfrachteten, hatten wir per Zufall in unserem Gaestehaus ein Deutschland-Motorrad-Traveller-Treffen. Markus und Petra mit ihrer BMW-Monsterkuh kamen vorbei (die zwei kannten wir bereits aus Thailand) und Norbert mit seiner Honda Dominator war ebenfalls hier abgestiegen. Nun standen 4 Motorraeder mit deutschem Kennzeichen im Hof, ein sehr ungewoehnliches Bild. Und da jeder von uns einen anderen Kontinent bereist hatte, Markus + Petra Afrika, Norbert Australien, gab es viel zu erzaehlen.
Dann wurde es Zeit unsere Bikes zum Hafen zu bringen. Da wartete allerdings kein normales Cargo-Schiff auf uns, sondern eine Nussschale. Ich hatte so meine Zweifel an der Sicherheit, aber Volker vertraute dem Captain und steckte der Mannschaft noch ein paar Maerker fuer einige Bier zu. Vollbeladen mit Zwiebeln aus Thailand und unseren zwei Bikes legte der Gemuese-Kutter ab. Wir konnten nur hoffen, dass die Piraten in der Andamanensee kein gesteigertes Interesse an Zwiebeln zeigten. Wir selbst mussten die Passagier-Faehre nehmen und wie nicht anders zu erwarten, schlug bei mir wieder die Seekrankheit mit voller Wucht zu. Lieber wuerde ich in einem Heissluftballon die Alpen ueberqueren als noch einmal in irgendeinem Schiff die Meere zu durchkreuzen. Aber leider besteht Indonesien aus tausenden von Inseln und es wird mir nicht erspart bleiben noch mehrmals ein Schiff zu besteigen. Nach 4 Stunden Uebelkeit, bzw. Langeweile bei Volker, erreichten wir die Kueste Sumatras. Hafenstaedte sind immer etwas schreckliches, hier treibt sich das uebelste Gesindel und ebenso Nepper, Schlepper, Bauernfaenger rum. Auch Medan macht keine Ausnahme und es kostete uns einige Muehe und noch mehr Rupiah unsere Motorraeder im Hafengelaende aufzuspueren. Die Zollformalitaeten waren schnell erledigt, aber mit dem Hafenmeister hatte ich ein Huehnchen zu rupfen. Die Hafengebuehr nannte er mir frei nach Schnauze und dann durfte ich darum feilschen. Da wir beide nicht nachgaben, musste Volker mit einem Hafengehilfe die Motorraeder vermessen und anschliessend einigten wir uns auf einen Preis, immer noch total ueberteuert. Aber es daemmerte bereits und der Gemuesekutter war von seinen Zwiebeln befreit und wartete nur noch auf das O.K. fuer unsere Bikes. Wir, bzw. das Abladen unserer beiden Motorraeder war im Hafen die Attraktion schlecht hin. An Neugierigen und Schaulustigen fehlte es absolut nicht und wir haetten eigentlich Eintritt verlangen sollen. Als aber der Captain von uns Geld fuers Abladen verlangte, brausten wir in die Dunkelheit davon. Der erste Eindruck von Indonesien ist schrecklich. Die Menschen sind aufdringlich, schauen mit den Fingern, begrapschen die Motorraeder. Der Verkehr ist unbeschreiblich chaotisch und die Luft verpestet. Schnellstmoeglich machten wir uns auf den Weg zum Toba See, dem weltgroessten Vulkan-Krater-See mit einer Wasseroeberflaeche von 1.146 qkm (Zum Verleich: der Bodensee hat 539 qkm). Der Traveller-Treffpunkt ist eine Insel und mit der Faehre setzen wir ueber. Das Erste was wir von der Faehre aus zu Gesicht bekommen, ist ein Kirchturm! Und auch der Landschaft ist eine Aehnlichkeit mit der norditalienischen Seenlandschaft nicht abzusprechen. Auf Anhieb fuehlen wir uns wohl. Hier teffen wir Boogie wieder, unseren Feilscherkoenig aus Freiburg. Dieses mal haben wir dem Zufall etwas nachgeholfen und ein Treffen vereinbart. Eine ganze Woche haengen wir in einem deutschen Resort gemeinsam rum, fruehstuecken stundenlang, spielten Kniffel und beratschlagten ueber die bevorstehende Australien-Reise. In dieser Woche war dann auch das Fussballspiel Deutschland : Holland. Und da ganz Asien im Europacup-Fussball-Fieber ist, koennen wir uns diesem auch nicht entziehen. Das Spiel wird Live uebertragen und bedingt durch die Zeitverschiebung beginnt es erst um 1.45 Uhr. Zusammen mit zwei Hollaendern finden wir uns im "Fussball-Studio” ein und quaelten uns bis zum Schlusspfiff um 3.30 Uhr in der Fruehe. Gelohnt hat sich das nun wirklich nicht. Und wenn wir zwischenzeitlich sagen, dass wir Deutsche sind, setzen wir uns dem Hohn und Spott der Indonesier aus. Das sind wirklich schwere Zeiten fuer uns, zum Glueck haben wir da noch Michael Schuhmacher. Von Boogie und der wunderschoenen Insel auf dem Toba See trennten wir uns nur schweren Herzens, aber wir muessen weiter. Wir haben lediglich ein 60 Tage Visa fuer Indonesien erhalten und haben noch sehr viel vor uns. Mit dem Verlassen dieser Region ist es nun auch wieder vorbei mit der morgendlichen christlichen Ruhe. Ueberall schreien sie bei Sonnenaufgang wieder von ihren Tuermen und an Schlaf ist dann nicht mehr zu denken. Zwei Tage folgen wir dem Sumatra Highway, die Beschilderung ist mehr wie bescheiden. Und an jeder Kreuzung muessen wir erneut nach dem Weg fragen. Wir hielten Ausschau nach dem Aequator und dachten bereits, wir haetten ihn unbemerkt passiert. Dies ist aber absolute nicht moeglich. Ein riesiges Tor kennzeichnet die Stelle und ueber die Strasse hinweg ist er eingezeichnet. Wir hatten noch nicht einmal gestoppt, waren wir bereits von Souvenirhaendlern umgeben. Volker zeigte Interesse an einem "I crossed the Aequator” T-Shirt und ich konnte ihn zwischen den Verkaeufern gar nicht mehr ausmachen. Jeder hatte ein besseres, noch guenstigeres, bunteres T-Shirt im Angebot. Und nach stundenlangem Feilschen war er dann stolzer Besitzer eines solchen. Die Menschenmenge davon zu ueberzeugen, dass ich kein T-Shirt erwerben wollte, dauerte fast genauso lange. Dann hatten wir aber unsere Ruhe und konnten unsere Beweis-Bilder vom Aequator schiessen. Nun befinden wir uns auf der suedlichen Erdhalbkugel und je weiter wir von jetzt an Richtung Sueden kommen, desto kaelter wird es. Natuerlich noch nicht in Indonesien, hier haben wir bestes Wetter und taeglichen Sonnenschein. Wir verliessen den Sumatra-Highway und fuhren der Kueste entlang, welche wir aber nur selten zu Gesicht bekammen. Dafuer fuehrt die Strasse kilometerlang durch riesige Dattelhaine. Wir sehen ruhige, idyllische, sehr einfache Fischerdoerfer, in denen links und rechts entlang der Strasse die Netze zum Fliecken ausliegen. Das Fahrrad ist ein Haupttransportmittel innerhalb des Dorfes und zum Teil mit halsbrecherischen Aufbauten. Kinder lassen kleine Drachen steigen, die sich immer wieder in den Oberleitungen verfangen. Ab und an bekommen wir die Kueste doch zu Gesicht und sehen lange, einsame Straende und einen ruhigen Indischen Ozean. Direkt am Strand legen wir einen Stopp ein und in sekundenschnelle sind wir von Indonesier umgeben. Da wir (fast) kein indonesisch sprechen und sie (fast) kein englisch, beschraenkt sich alles darauf, dass sie uns anstarren. Jede unserer Bewegungen wird verfolgt, das Wasser trinken wird zur Showeinlage und an Pinkeln ist nicht zu denken, es sei denn, wir stoeren uns nicht an der Begleitung. Wir sind einfach die Attraktion. In diesen Provinzen sind Touristen sehr unwahrscheinlich und zwei mit dem eigenem Motorrad einfach unmoeglich. Die Menschen an der Strasse starren uns mit offenen Muendern hinterher, zu perplex um uns zu zuwinken. Fuer diese Menschen ist die Wahrscheinlichkeit groesser, anstatt von Touristen einen Sumatra-Tiger zu sehen. Wir uebernachten in Hotels oder Gaestehaeusern, welche direkt an der Strasse liegen. Das Woerterbuch in unserem Reisefuehrer macht die Verstaendigung etwas einfacher. Trotzdem bestellen wir jeden Abend "Nasi Goreng” (gebratener Reis) zum Essen. Dieses Nationalgericht kennt jeder und wir wissen zumindest was uns erwartet. Fast immer ist das Fruehstueck im Preis inbegriffen und wir gewoehnen uns daran bereits zur fruehen Morgenstunde Reis zu essen. An den uebersuessen Kaffee koennen wir uns aber nicht gewoehnen und sehr schnell lernen wir die indonesischen Worte "Kaffee ohne alles” (Kopi pahit). In Bengkulu nahmen wir uns ein Zimmer in einem Luxus-Hotel mit Swimming-Pool. Direkt an unser Zimmer grenzte eine Garage fuer unsere Bikes und wie wir feststellen mussten, war dies der einzige Luxus. Den Pool konnten wir nicht nutzen, da in diesem keine Frauen baden. Das Hotel war ueberwiegend von Moslems besucht und da schwimmen nur die Jungs und Maenner im erfrischenden Nass. Daran hatten wir natuerlich nicht gedacht. Zurueck auf dem Sumatra-Highway, welcher durch den tropischen Regenwald und bisher unzugaengliche Gebiete fuehrt, hatten wir ebenfalls nichts mehr zum Lachen. Der Zustand dieser Transitstrecke ist unbeschreiblich. Auf langen Teilstrecken ist der Asphalt wieder weggespuelt und wir quaelen uns ueber und durch Schlagloecher so gross wie Badewannen. Unter der einstmal vorhandenen Apshaltdecke kommen riesige Flusskiesel zum Vorschein und vermitteln uns den Eindruck, in einem Flussbett zu fahren. Bei diesem Schlagloch-Marathon ist es nicht weiter verwunderlich, dass jeder von uns einen Plattfuss am Vorderreifen bekommt. Das Verkehrsaufkommen ist gewaltig, tausende von LKWs und Busse quaelen sich ueber diese Strecke. Jeder ueberholt jeden, selbst in den unuebersichtlichen Kurven wird vorbeigezogen und auch wir haben uns dem Fahrstil abgepasst. Kommen wir Rechts nicht vorbei, ueberholen wir eben links auf dem Gruenstreifen. Durch die Doerfer und Staedte wird es, wenn ueberhaupt moeglich, noch chaotischer. Hunderte von Mopeds kommen dazu und quetschen sich noch zwischen den Fahrzeugen durch. Aber jeder toleriert die Fahrweise des Anderen und bleibt gelassen. Bis auf Volker, dem platzte mehrmals der Kragen. Die Fahrzeuge stossen soviel Abgase und schwarze Russwolken aus, dass wir schnell wie zwei Kaminfeger aussehen. Der Rauch beisst in den Augen und sticht in unseren Lungen. Unsere taeglichen Zigaretten sind ungefaehrlicher. Nach einer Nacht in einer kleinen Dorf-Kascheme wurden wir am naechsten Morgen aufgehalten. Die Besitzerin hatte extra nach der Englisch-Lehrerin des Dorfes rufen lassen und diese durfte sich nun mit uns unterhalten. Die wird noch ihren Enkeln davon erzaehlen (hihi).
Nach ueber einer Woche taeglichem fahren und hunderten von Schwielen an unseren Hintern, erreichten wir endlich den Suedzipfel Sumatras. Die Faehre stand schon bereit und nach 3,5 Stunden hatten wir West-Java erreicht.


Land und Leute:
Die Insel Sumatra ist fast so gross wie Deutschland, Oesterreich und Schweiz zusammen. Eine Gebirskette zieht sich die gesamte Westkueste entlang. Ingesamt liegen 50 Vulkane in diesem Gebirge, neun sind heute noch aktiv. Zudem ist Indonesien einer der weltgroessten Produzenten von Fluessiggas. Etwa die Haelfte des Erdgases wird in Sumatra gefoerdert. Ausserdem besitzt diese Insel grosse Vorkommen an Gold und Silber sowie Kohle. Touristische Schwerpunkte gibt es aber eigentlich nur zwei - einer davon ist der Toba See. Die Menschen sind sehr freundlich, manchmal bis zur Aufdringlichkeit neugierig. Und der Indonesier am Abend kann nicht wissen, dass er mit seinen Fragen der Hunderste an diesem Tag ist und deshalb uns unheimlich nervt. Eine Privatsphaere kennen sie nicht und verfolgen uns bis auf unser Zimmer. Dabei sind sie aber sehr hilfsbereit und bemuehen sich unheimlich unsere Wuensche zu erfuellen (zum Beispiel Kaffee ohne Zucker). Und in den Restaurants versuchen sie, uns die Speisen oder Getraenke zu erklaeren. Viele legen aber auch eine Scheu gegenueber Auslaender an den Tag und getrauen sich nicht, uns anzusprechen. Aber alle haben die Eigenart, uns unverhohlen anzustarren. Selbst wenn wir zurueck starren, senken sie ihren Blick nicht. Wir werden gemustert und beobachtet wie Tiere im Zoo. Aber wir haben uns daran gewoehnt und dies kann uns auch nicht davon abhalten, die Berglandschaft mit seinen Plantagen und Reisterrassen zu bewundern. Die 400 Jahre Kolonialzeit Holland haben ihre Spuren hinterlassen. Die Haeuser sind aus Holz, in gelb, blau oder grau Toenen und mit grossen Fensterfronten versehen. Davor ein kleiner Garten mit einer Einzaunung. Bei einem Spaziergang durch ein Bergdorf, hatten wir absolute nicht das Gefuehl in Asien zu sein.In den Staedten kann man noch Ueberreste der ehemaligen Forts entdecken.
Prinzipiell ist Indonesien guenstig, abgesehen von den Touristen-Plaetzen. 1 Liter Benzin kostet Euro 0,18 und fuer Euro 7,00 betanken wir beide Motorraeder. So guenstig war es bisher noch in keinem Land. Eine 1,5 Ltr Flasche Wasser kostet Euro 0,30, ein Nasi Goreng Euro 0,75. Alkoholische Getraenke sind, wie in allen moslemischen Laendern, relative teuer. Die Bierflasche, 0,66 ltr, kostet Euro 1,50. Auf dem Land bezahlen wir fuer ein Zimmer Euro 3,00 und in den Staedten zwischen Euro 5,00 und 10,00. Aber in den wirklich grossen Luxus-Resorts beginnen die Zimmerpreise bei Euro 30,00. Wir bezahlten fuer unser Zimmer mit Pool (ohne Benutzung) Euro 28,00. Am Toba-See wird nicht nur mit Western-Style-Food Werbung gemacht, sondern ebenso mit Western-Style-Toilette. Man passt sich den Touristen und ihren Beduerfnissen an. Die indonesieschen Baeder (Mandi) bestehen aus einem Steh-Klo ohne Spuelung und einem grossen Wasserbecken. Ein Waschbecken oder gar Dusche ist nicht vorhanden. In den Wasserbecken befindet sich immer eine Plastikschuessel und zum duschen schoepfen wir damit das kalte Wasser und giessen es literweise ueber unsere Koerper. Ebenso funktioniert auch die Spuelung. Schwierig wird es nur beim Zaehne putzen. Und da Moslems kein Toiletten Papier verwenden, sondern die linke Hand, befindet sich oftmals neben der Toilette ein Wasserschlauch. Aber an diese Sitte koennen wir uns gar nicht gewoehnen und haben immer unseren Vorrat an Papier dabei.
Das Essen ist nicht sehr abwechslungsreich und besteht immer aus Reis mit irgendwelchen Zutaten. Eine Lokale Spezialitaet am Toba See ist das Hundefleisch-Curry. Wir wunderten uns bereits ueber die unzaehligen jungen Hunde und fragten, warum es soviele davon gibt. "Die erzielen einen guten Preis”, war die Auskunft. Aber wer kauft Hunde, wenn dutzende rumspringen? Der Metzger, er bezahlt nach Lebendgewicht Kilo.
Aber auf jeden Fall ist Sumatra interessant und war fuer uns doch eine Reise wert.

Gefahrene Kilometer in Sumatra: 2.300 km
Bisher gefahrene Kilometer gesamt: 40.000 km

 

 
   
 
Malaysia Georgetown
 
 
 
 
  Sumatra Lake Toba  
     
 
 
 
 
     
  Äquator  
 
 
Bukit Tinggi