08. – 27.03.04 Kambodscha
Gluehende Sonne, roter Staub und Weltwunder im Dschungel

Die Einreiseformalitaeten am suedlichsten Grenzuebergang waren schnell erledigt. Und sofort verfielen wir dem "Abenteuer” Kambodscha. Zuerst mussten wir uns aber wieder an den Rechtsverkehr gewoehnen. Gar nicht so einfach wie man denken sollte. Nach 6 Monaten hoechster Konzentration auf den Linksverkehr, faellt uns das rechts Fahren doch sehr schwer. Wir mussten 150 km quer durch die Kardamom-Berge. Die Vegetation ist sehr ueppig und neben der Fahrbahn finden wir ausschliesslich dichten, undurchdringlichen Regenwald vor. Die Nationalstrasse ist eine rote Piste und durch die gluehende Sonne ausgetrocknet. Roter Staub haengt in der Luft und vorbeikommende Autos nebeln uns damit komplett ein. Es dauert nicht lange und wir sind mit einem roten Schleier ueberzogen. Per Faehre ueberqueren wir die 4 grossen Fluesse. Aber die Faehren selbst und nicht die Fahrt sind das eigentlich Interessante. Sie bestehen aus 2 Kaenen, die parallel zueinander stehen, darueber sind Bretter quer angebracht. Ein Automotor ist montiert und an der Antriebswelle haengt die Schiffsschraube. 4 – 6 Autos haben auf so einem Gefaehrt Platz. Da man uns in Thailand versicherte, wir koennen mit Thai-Baht bezahlen, haben wir uns darauf verlassen. Zum aller ersten Mal, dass wir ein Land betreten und den Namen der Waehrung nicht kennen, geschweige denn einen Wechselkurs. Und prompt hatten wir auf den Faehren unsere ersten Probleme. Das Personal sprach kein englisch und andere Fahrgaeste versuchten zu uebersetzen. Natuerlich bezahlten wir viel zu viel fuer die Faehren - unser Lehrgeld in Kambodscha. Die Piste selbst hatte zum groessten Teil extremes Wellblech und wir mussten mit 60 kmh fahren um auf den Hochpunkten darueber zu gleiten. Dann flogen wir aber genauso schnell in die ploetzlich auftauchenden Schlagloecher. Es war ein Dauertest fuer unsere Stossdaempfer. Je weiter wir uns der Asphaltstrasse naeherten, desto dichter wird die Besiedelung. Die sehr einfachen Huetten stehen auf Pfaehlen. Zum Einen wegen des Monsumregens und zum Anderen um es irgendwelchen Krabbeltieren und/oder Schlangen schwieriger zu machen ins Schlafzimmer zu gelangen. Huehner, Enten und Schweine kreuzen die Piste und wir sehen ganze Herden Wasserbueffel. Diese ersetzen Maschinen in der Landwirtschaft und mit ihrer imposanten Schulterhoehe und sichelfoermigen Gehoerns wirken sie auf uns sehr Furcht einfloessend. Die Kinder rennen barfuss ueber die Feldwege, Schuhe sind auf dem Dorf Luxux. Die ganz Kleinen haben gar nichts an und plantschen in den Pfuetzen.
Nach 5 Stunden hatten wir die 150 km Piste geschafft - oder sie uns. Lange nach Einbruch der Dunkelheit erreichten wir den Badeort Sihanoukville. Wir verbrachten 6 Tage in diesem Ort, ohne auch nur ein einziges Mal den Strand zu besuchen. Unsere komplette Ausruestung erhielt eine Reinigung und wir gaben uns die groesste Muehe diesen roten Staub aus jeder Ritze zu kratzen. Diese Pozedur mussten wir in den 3 Wochen Kambodscha leider noch 3 x wiederholen (aber ich muss ja dafuer keine Fenster putzen, oder so was aehnliches). Volker baute ausserdem den Vergaser schon wieder aus, die Laufleistung seines Bikes war noch sehr bescheiden. Max, ein ausgewanderter Deutscher vermittelte uns seinen Mechaniker, einen Vietnamesen. Der loetete und feilte etwas an der Welle herum und das Moped lief so schlecht wie niemals zuvor. Volker war total stinkig, verfluchte alle Asiaten und schraubte selbst noch eine Ewigkeit an dem Vergaser herum. Aber ansonsten genossen wir ein Erbe der franzoesischen Kolonialzeit: das Essen. Bereits zum Fruehstueck assen wir frische, knusprige Baquets und abends gingen wir zum Franzosen an der Ecke. Der machte die beste Pasta und Salate ganz Suedostasiens. Zum Abschluss noch ein franzoesisches Kraeuterschnaepsle obendrauf……….. wie Gott in Kambodscha.
An eine grosse Leidenschaft der Asiaten werden wir uns nie gewoehnen – das Karaoke. Neben unserem Gaestehaus befand sich eine solche Bar und jeden Abend laufen uns kalte Schauer ueber den Ruecken. Wie koennen Menschen nur in aller Oeffentlichkeit so laut und dabei so falsch singen? Und diese Leidenschaft verfolgt uns nun seit Russland. Also wirklich, glaubt uns, im Vergleich sind Volker und ich richtige Goldkehlen. Und dabei trauen wir uns nur beim Motorradfahren zu singen, wenn uns auch wirklich niemand hoeren kann. Wir fuhren weiter nach Kampot und dem Bokor National Park. In diesem beschaulichen Staedtchen gibt es kaum Touristen und beim schlendern durch die Markthallen fallen wir als Auslaender wieder richtig auf. Die Menschen sind aber ueberaus freundlich und hoeflich und bemuehen sich sehr, sich mit uns zu verstaendigen. Unsere Motorraeder durften die Nacht im Vorraum des Gaestehauses verbringen - auf Keramik-Plattenboden. Gut ausgeruht ging es dann am naechsten Tag zum Bokor National Park. Eine 40 km lange, mit tiefen Schlagloechern uebersaete Strasse windet sich zum Hochplateau hinauf. Wir pasieren dichten Bergdschungel, der weiter oben von niedrigem Buschwerk und krueppelwuechsigen Baeumen abgeloest wird. Und mit jedem Hoehenmeter spueren wir deutlich wie die schwuele Hitze des Tieflandes in die kuehle Begluft uebergeht. Welch willkommene Abwechslung. Auf dem Plateau steht eine alte katholische Kirche und von weitem sichtbar erhebt sich die Ruine des einstigen Hotels und Spielcasinos Bokor Palace. Die Franzosen waren hier oben fleissig. Die jahrzehntelange Witterung hat die Gebaeude mit rotem Moos ueberzogen, die Glasscheiben sind zersplittert und Einschussloecher erinnern an den Buergerkrieg. Das Ganze ist eine perfekte Kulisse fuer den Stephen King Shocker "Shinning”. Und tatsaechlich war im Innern ein Filmset aufgebaut und es wird ein Film ueber den Korea-Vietnam Krieg gedreht. Wie bereits bei der bergauf Fahrt balancierten wir bei der Abfahrt unsere Motorraeder wieder um die Schlagloecher, starkes Geroell und Asphaltfetzen. Beim Durchfahren des Dschungels tauchte ploetzlich neben Volker eine schwarze Kobra auf. Genau auf seiner Hoehe richtete sie sich in voller Groesse auf und Volker konnte ihr gerade noch rechtzeitig ausweichen. Ich fuhr hinter ihm und konnte die Kobra gerade mal 1 sec. bestaunen, bevor auch ich ihr ausweichen musste. Wir stoppten unmittelbar danach und Volker rannte mit der Kamera bewaffnet zurueck. Nichts, Nada – keine Kobra mehr. Wir haben uns wirklich bemueht ein Beweisfoto zu machen, aber die Schlange wollte nicht – sorry.
Der Verkehr in Phnom Penh, der Hauptstadt, war halb so wild wie man uns geschildert hatte. Er fliesst staendig und wenn man nicht stoppt sondern immer in Bewegung bleibt, hat man auch kein Problem. So kommt es, dass wir beim Abbiegen den entgegekommenden Verkehr einfach schneiden oder dieser sich vor oder hinter uns gerade noch so durchschlaengelt. Das ist die Norm und so durchqueren wir die 1, 2 Mio Stadt ohne anzuhalten. Na ja, fast. Wir wurden von der Polizei gestoppt. Die hatte dafuer 2 Gruende. 1. Wir sind links abgebogen, wo dies verboten ist und 2., was noch viel schwerer ins Gewicht faellt, wir sind Auslaender, Weisse, Dollarbesitzer.
Getreu nach der kambodschanischen Gewohnheit sprachen sie zuerst nur mit Volker, dem Mann. Sie verlangten US$ 10,00, eine glatte Unverschaemtheit (Monatseinkommen US$ 35,00). Volker wollte einen Teil bezahlen, ich dagegen weigerte mich strikt und war bereit zum Weiterfahren. Und dann fingen Volker und ich erstmal zum streiten an. Bezahlen oder Weiterfahren. Die Polizisten waren schlichtweg mit 2 streitenden Weissen ueberfordert. Eigentlich war die Situation urkomisch. Wir lieferten uns ein lauthalses Wortgefecht und die Polizisten starrten mit offenen Muendern von Einem zum Anderen. Schliesslich handelte ich die Strafe auf US$ 3,00 herunter. Nur mal zum Vergleich: unser Doppelzimmer mit eigenem Bad kostete genauso viel.
Wir verbrachten einen Tag nur damit zu, uns eine neue Welle fuer den Vergaser herstellen zu lassen. Volker regte sich natuerlich wieder ueber die unfaehigen Mechaniker auf und meinte, dass sein Vergaser nun komplett verstellt sei. Aber das Motorrad laeuft jetzt besser, wenn auch auf keinen Fall gut. Und ploetzlich laeuft uns Boogie, ein Freiburger, den wir aus Thailand bereits kennen, ueber den Weg. Gemeinsam verbrachten wir den Abend und aus einem Bier wurden zahllose. Wir unterhielten uns bis spaet in der Nacht auf der Terrasse ueber dem See. Volker und Boogie waren sich uebrigens einig, dass die kambodschanischen Frauen huebscher sind, wie die Thais. Am naechsten Tag trafen wir uns dann etwas verspaetet und mit leichtem ziehen im Kopf. Wir ueberliessen es Boogie, dem Koenig des Feilschen, den Preis fuer 2 Motorradtaxis zu verhandeln. Wir fuhren zum Museum, ein ehemaliges Verhoerlager der Roten Khmer. Die Ausstellung zeigt die Zellen, unzaehlige Bilder der Gefangenen sowie die verschiedene Foltermethoden. Es war wieder einmal erschreckend zu sehen, zu was Menschen faehig sind. Zitat aus dem Gaestebuch: "Die wildeste Bestie der Welt ist der Mensch”. Dem ist nichts hinzuzufuegen.
Uns hat jemand von einer 700 Jahr alten, gepflasterten Khmer-Strasse erzaehlt, die 2 Tempel miteinander verbinden soll. Also machten wir uns auf die Suche. Beim vermeintlichen Abzweig hatten wir so unsere Bedenken und ich hielt einen Moped Fahrer an. Ich zeigte in die abzweigende Strasse und fragte, ob diese zum Tempel fuehrt. "Ja, Ja”. Dann machte ich die Probe und zeigte in die Richtung aus welcher wir kamen und wiederholte meine Frage. "Ja, Ja” war wieder die Antwort. O.K. frag nie einen Asiaten nach dem Weg. Trotzdem hielten wir nochmals jemanden an und dieser sprach ein wenig englisch. "Auf keinen Fall diesen Abzweig, da hinten ist ein Minenfeld!” Uff – Glueck gehabt. Er zeigte uns eine Umgehung und jetzt fing das Fiasko erst an. Das war keine Piste mehr, das waren nur zwei Fahrspuren im tiefen Staub. Wir kaempften uns Meter fuer Meter vorwaerts. 3mal kippte ich wieder um und einer meiner Spiegel ging dabei zu Bruch. Immer wieder wollten wir aufgeben. Es war knalleheiss, 40 Grad C und unsere 2 Wasserflaschen waren so gut wie aufgebraucht. Ich war am Ende meiner Kraefte, das Fahren im tiefen Sand gehoert nicht zu meinen Staerken. Aber es war nicht der Sand allein, wir mussten sprichwoertlich ueber Stock und Stein, durch Baeume hindurch und ueber tiefe Fahrrinnen. Nach 20 km drehten wir um, es war zuviel, wir konnten Beide nicht mehr. Wir fuhren gerade mal 200 m zurueck als uns ein Traktorchen und Moped entgegenkamen. Wir kauften ihnen sofort 4 ltr Wasser ab und tranken es fast in einem Zug. Es seien nur noch 10 km bis zum Dorf und einer von ihnen betreibt ein Gaestehaus. Wir drehten also nochmals um und bildeten nun einen kleinen Konvoi. Dann uebersah ich einen abgesaegten Baumstamm und knallte voll mit meinem rechten Koffer dagegen. Mein Heck wurde herum geschleudert und ich fiel. Der Koffer baumelte nur noch am Zurrband und die Halterung war total verbogen. Kurzerhand packten wir die Koffer auf den Traktor und schlichen weiter bis zum Dorf. Dort angekommen wurden wir sofort umringt und bestaunt. Die Erwachsenen lachten mit uns und die Kinder hielten immer einen gebuehrlichen Abstand. Aber wir bekamen keine vernuenftige Auskunft ueber den Zustand der weiterfuehrenden Strasse. Am Abend wuschen wir uns mit dem Wasser aus den grossen Betonkuebeln. Die Maenner des Dorfes wiederum trafen sich zum Waschen am Brunnen und die Frauen waren ausser Sichtweite. Um 20.00 Uhr lagen wir in unserem einfachen Bett, im Dorf war es dunkel, es gibt hier kein Stromnetz. Aber die Bar nebenan wurde von einem Generator versorgt und die Besucher vergnuegten sich mit - was wohl ?! Klar, Karaoke!!!!
Der 2. Tag begann nicht besser. Fuer 35 km benoetigten wir 4 Stunden und all unsere Kraefte. Die Hitze wurde unertraeglich und dann ploetzlich tauchte einen Oase vor uns auf. Eine Kreuzung mit Shops, Tankstellen und eisgekuehlten Getraenken. Diese olle Khmer-Strasse konnte uns gestohlen bleiben. Wir nahmen die gut ausgebaute Piste zur Nationalstrasse.
Um 4.45 Uhr klingelte der Wecker und noch vor dem Sonnenaufgang ging es mit einem Motorrad-Rikscha nach Angkor – dem Weltwunder im Dschungel. Zwischen dem 9. und 13. Jahrhundert entwickelte sich in Kambodscha unter den Khmer-Koenigen eine Hochkultur. Und jeder hinterliess seine Stadt mit Tempeln aus Sandstein gebaut, die weltweit zu den schoensten Meisterwerken monumentaler Sakralarchitektur zaehlen. Erst 1860 wurden die vergessenen Staedte und versunkene Zivilisation im Dschungel wieder entdeckt. Wir entschlossen uns fuer ein Tagesticket (US$ 20,00 p.P.) und bestaunten die Anlagen vom Sonnenaufgang bis –untergang. Bei 40 Grad krakselten wir ueber halsbrecherische steile Treppen nach oben und genossen den Schatten bei den vom Dschungel verschlungenen Tempeln. Es war ein heisser, anstrengender und super interessanter Tag. Was wir nun aber wirklich noetig hatten, war eine Ruhepause. Und die goennten wir uns dann auch.

Land und Leute:
Kambodscha hat eine bewegende Geschichte und dunkle Vergangenheit. Einst ein Imperium mit einer Ausdehnung ueber ganz Suedostasiens, spielte es eine traurige Rolle im Vietnamkrieg. Bei den amerikanischen Luftangriffen wurden uber 600.000 t Bomben alleine ueber den Osten abgeworfen. 1975 uebernahmen die Roten Khmer ihre Schreckensherrschaft und toeteten 1,5 – 2 Mio ihrer eigenen Landsleute in nur 4 Jahren. Es folgten die Invasion der Vietnamesen und 10 Jahre Buergerkrieg. Noch heute sind Millionen von Landminen und Blindgaengern eine Gefahr auf Schritt und Tritt. Jeden Monat kommen 50 – 60 Menschen durch Landminen ums Leben, weitere 100 bis 150 werden verletzt. Nirgendwo gibt es soviele Amputierte wie in Kambodscha, einer von 250 Einwohnern. Trotzdem sind die Menschen freundlich, sie winken uns zu und die Kinder schreien ein "Hello” hinterher. Jeder, der es sich irgenwie leisten kann, besitzt ein Moped. Oft sind daran Anhaenger mit einer Laenge von 2,5 m. Auf diesem Anhaenger sind Sitzbaenke montiert und Menschen draengen sich darauf. Oftmals ist der Anhaenger mit Menschen so ueberladen, dass das Moped Muehe hat mit dem Vorderrad auf der Strasse zu bleiben. Das Fahrrad-Rikscha wird hier auch noch eingesetzt, und nicht nur fuer den Personentransport.
Die Landeswaehrung ist der Riel und wird von kaum jemanden benutzt. Alles ist in US$ ausgeschildert und jeder nennt den Preis zuerst in dieser beliebten Waehrung. Ein Bier koestet US$ 1,5, ein Baquet US$ 0,15, ein Abendessen fuer 2 Personen US$ 4,50, 1 ltr Wasser US$ 0,15, eine Ananas US$ 0,25. Das Benzin ist fuer asiatische Verhaeltnisse teuer, 1 Ltr Benzin US$ 0,66. Wir tauschen trotzdem US$50,00 in Landeswaehrung und bekommen einen so dicken Packen Geld, dass dieser nicht in einen Geldbeutel passt.
Der Tourismus ist fuer viele Menschen die Hoffnung auf eine besser Zukunft. Und jeder verlangt erstmal unverschaemte Preise, das Handeln wird zum Sport. Apropo Sport, in jedem noch so kleinen Dorf sehen wir ein Volleyballnetz gespannt und nicht nur die Jugend geht diesem Sport nach.
Wir genossen Kambodscha, seine Unwegsamkeiten, seine Strapazen, die Einfachheit. Leider haben wir die heisseste Jahreszeit erwischt und 40 Grad C sind keine Seltenheit.

Bisher gefahrene Kilometer: 31.500 km
Davon in Kambodscha: 900 km

 

 

 
   
 
 
 
Boogi, König des feilschens
 
 
   
     
 
 
Kambodscha Dirt Road
 
 
Fähre
     
   
 
Tempelanlage im Dschungel
 
 
Tempelanlage in Angkor
 
 
Tempeltänzerinnen?