10. – 24.01.04 Malaysia Auf der Flucht vor der Hitze

Unser Freund Ayob, den wir bereits in Singapore kennengelernt haben, brachte uns zu seinem Haus, ca. 50 km hinter der Grenze. Dort lernten wir auch seine wunderschoene Frau Azura sowie den Rest der Familie kennen. Die Schwiegermutter hatte bereits gekocht und tischte malaysische Spezialitaeten auf: geduenstetes Gemuese mit Scrimps in Kokosmilchsauce, Blattgemuese mit Erdnusssauce, frittierten Fisch und Huehnchen und eine Art Bananen-Fasnetkuechle, sowie der nicht wegzudenkende Reis. Dazu gab es kalten, stark gesuessten Tee. Bevor wir mit dem Essen beginnen konnten wurde in einer grossen, reich verzierten, silbernen Kanne Wasser zum Haende waschen gereicht. Die Familie ass mit der rechten Hand, die Linke blieb unter dem Tisch. Uns war es erlaubt Gabel und Loeffel zu benutzen. Und hier ist es uns zum ersten Mal aufgefallen, dass es zum Essen keine Messer gibt. Man zerkleinert alles mit der Gabel, was oft sehr schwierig ist, schiebt dann das Essen auf den Loeffel und fuehrt diesen zum Mund. Menschen, welche mit der rechten Hand essen, benutzen ihre linke fuer die Beseitigung des verdauten Essens. Somit ist Toillettenpapier absoluter Luxus in diesem Land. Und ohne dieses Papier gingen wir nicht mehr auf die Strasse. Bevor wir uns von Ayob und Azura verabschiedeten, bekam jeder von uns noch ein liebevoll verpacktes Geschenk ueberreicht. Ich erhielt einen Wickelrock in gruener Farbe, mit rotem und blauem Blumenmuster. Und Volker packet ebenfalls ein Stueck Stoff aus, mit grossen Karomuster. Es war auch ein Wickelrock und das Karomuster ist ausschliesslich den Maennern vorbehalten. Ich freute mich riesig, hatte ich doch schon laenger darueber nachgedacht mir einen solchen Rock zu kaufen. Volkers Begeisterung hielt sich in Grenzen. Er, ein Mann im Rock? Aber fuer ein Bild zogen wir Beide unsere Roecke an und als wir Volker im knoechellangen Stoff eingewickelt sahen, mussten wir dann doch alle lachen. Aber die Geschenke und die Gastfreundschaft beschaemten uns auch, konten wir uns doch nicht erkenntlich zeigen. Wie oft ist uns dies nun wiederfahren und jedesmal versicherten unsere Gastgeber, dass es mehr wie ausreichend sei, wenn wir sie in unserem Land als Gast aufnehmen wuerden. Oder, falls sie selbst nicht nach Deutschland reisten, zumindest ihre Landsleute. Dies beweist uns einmal mehr wie grosszuegig diese Menschen denken und handeln.
In Melaka, Mitte des 15. Jahrhunderts eines der bedeutensten Handelszentren der damaligen Welt, quartierten wir uns in Chinatown ein. In dieser Hafenstadt haben die Portugiesen, Hollaender sowie die Englaender ihre Spuren hinterlassen und Kolonialgebaeude aus verschiedenen Jahrhunderten zieren den Stadtkern. Der historische Rundgang ist ein Muss. Dabei brennte die Sonne unbarmherzig auf uns nieder, die taegliche Hitze ist beinahe unertraeglich und Nachts kuehlt es kaum merkbar ab. Auf dem gut ausgebauten Highway geht es an der Westkueste West-Malaysias nach Norden. Kilometerweit erstrecken sich Kautschuk- und Oelpalmplantagen und die Landstriche erscheinen in einem satten, tiefen Gruen. In den Baeumen am Strassenrand sehen wir in paarmal wilde Affen spielen und eine Eidechse, so gross wie mein Hund, liegt ueberfahren am Strassenrand. Fuer uns sehr ungewoehnliche Bilder. Aber in Ayobs Haus brachte die Katze auch eine kleine Schlange als Beute mit in die Kueche und spielte mit ihr, wie unsere Katzen mit Maeusen spielen. Waehrend der Fahrt vernahmen wir einen Schlag an Volkers Motorrad und hielten sofort am Strasenrand an. Ein 10 cm langes Moniereisen steckte im Reifen. Sollte dies unser erster Plattfuss sein? Nein, wir hatten Glueck und das Eisen hat lediglich einen Gummistollen durchbohrt, der Mantel war unbeschaedigt. Bei dieser Gelegenheit registrierten wir aber auch, dass ein Stueck von Volkers Gepaecktraeger gebrochen war. Das erste Mal wieder seit Estland. In einem Dorf liessen wir es fuer Euro 1,30 schweissen. Ganz in der Naehe fanden wir einen Campingplatz und schlugen unser Zelt auf. In dieser Nacht fanden wir kaum Schlaf, es war einfach zu heiss im Zelt. Und puenktlich zum Sonnenaufgang, kurz nach 5.00 Uhr, bruellte der Muezzin mit seiner Lautsprecherstimme sein erstes Gebet vom Turm herab. Wir fanden es ausgesprochen aufmerksam uns auf diese Art und Weise auf den Sonnenaufgang hinzuweisen. Zum Fruehstueck knackte Volker eine selbst gepflueckte Kokosnuss und das Fleisch schmeckte koestlich. Ich habe Volkler den Beinahmen” Ritter der Kokosnus” gegeben. Staendig ist er auf der Jagd nach diesen Nuessen und sein Einfallsreichtum kennt keine Grenzen, um diese von den Palmen zu bringen. Er oeffnet gruene Nuesse, um die Milch trinken zu koennen oder braune, reife Kokosnuesse, deren Milch nicht geniessbar ist, dafuer aber das Fleisch umso besser.
Es wurde wieder knallig heiss und wir waren auf dem Weg nach Kuala Lumpur. Auf der Karte sah es ganz einfach aus, aber die Autobahn verzweigte sich hundertmal. Irgendwelche Strassennamen waren angeschrieben, die wir aber nicht auf unserer Karte fanden. An einer Tankstelle mussten wir nachfragen und konnten dann ohne Probleme nach Chinatown fahren. In allen Staedten hat uns Chinatown bisher immer am Besten gefallen und wir wurden magisch davon angezogen. Der Verkehr ist relative geordnet in der Stadt und nur die vielen Einbahnstrassen bereiten uns Schwierigkeiten. Wenn es nur nicht so heiss waere! Mit unseren Jacken zerschmelzen wir wie Eiscreme und kommen total erledigt in Chinatown an. Wir nehmen das erstbeste Hostel, packen nur das Noetigste ab und fahren zur naechsten Polizeistation. Die Polizisten reagieren erst etwas verwirrt, als wir um Asyl fuer unsere Motorraeder bitten. Dann konnten wir sie aber fuer die naechsten 3 Naechte dort stehen lassen. Unsere Wahl des Hotels hat sich als mehr schlecht wie recht erwiesen. Die hauchduennen Zimmerwaende hatten Guckloecher, ein Fenster hatte der Raum keines und Volker behauptete, dass die Matratze lebte. Wir hatten aber bereits fuer 3 Naechte im voraus bezahlt und verbrachten nun so wenig Zeit wie moeglich auf unserem Zimmer. Die Petronas-Zwillingstuerme standen auf dem Programm, bis vor kurzem noch der hochste Wolkenkratzer der Welt. Leider konnten wir fuer die Aussichtsplattform keine Tickets mehr ergattern. Als Alternative musste der Fernsehturm herhalten, welcher eine herrliche Rundumsicht auf die Grossstadt gewaehrte. Eine Mischung aus Ost und West, von islamischen Architekten entworfene Wolkenkratzer, je hoeher desto besser, Moscheen, koloniale Prunkbauten und broeckelnde Reste alter Strassenzuege waren zu sehen. Ein weiterer Trip brachte uns zu den Batu Hoehlen, das Zentrum des indischen Thaipusam-Festes. Jedes Jahr treffen sich hier im Januar oder Februar mehrere 100.000 Menschen und viele Hindus geisseln sich auf unvorstellbare Weise. Wir selbst bestaunten die handzahmen Affen und waren immer wieder ueberrascht mit welcher Aggressivitaet sie sich das Futter von den Touristen klauten. Als wir Kuala Lumpur hinter uns liessen, hatten wir endgueltig genug von dieser Hitze und fluechteten in die Berge. In den Cameron Highlands, eine von Bergen eingeschlossene Hochflaeche, fanden wir in nettes Gaestehaus mit internationalen Travellern. Am Nachmittag mussten wir unsere Pullover auspacken und Nachts warm zudecken. Welch eine Wohltat und willkommene Abwechslung. Wir blieben fast eine Woche und erkundeten die Berge zu Fuss. Georg, eine selbst ernannte Legende, fuehrte uns auf einem Dschungel-Trip. Es ging steil bergauf und halsbrecherisch bergab, wir angelten uns an Lianen und Aesten hoch und runter. Viel zu sehen gab es nicht. Das lag zum Einen am Tempo, den Georg rannte vorne weg und wir hechelten hinterher und zum Anderen einfach daran, dass es im dichten Unterholz nur Farne, Pilse und Gestruepp gab. Die Abende verbrachten wir mit Hollaendern, Englaendern und Belgiern und assen wieder abwechselnd beim Malye, Inder, Chinesen und Indonesier. Beim gemeinsamen Fernsehabend stellten wir schmunzelnd fest, dass die Raubkopien der Kinolfilme mit einer Videokamera im Kino aufgenommen sind. Man heorte die komplette Hintergrundgeraeusche der Kinobesucher.
Bei unserer Weiterreise hatten wir nicht mehr an das chinesische Neujahr gedacht und bekamen Schwierigkeiten mit der Unterkunft. Alle, nicht nur Chinesen, sind auf den Beinen und nutzen das verlaengerte Wochenende aus. Entweder sind die Hotels und Restaurants in diesen Tagen hoffnungslos ueberfuellt oder sie haben ganz geschlossen. In einer kleinen Stadt im Norden von Malaysia sitzten wir das Neujahr dann einfach aus. Uns zog es weiter nach Thailand und seine Traumstraende. Und im neuen Jahr, das Jahr des Affen, passierten wir die Grenze zu Siam, wie Thailand auch heute noch genannt wird.


Land und Leute:
Der Islam ist die offizielle Staatsreligion in Malaysia. Der Muezzin ruft fuenfmal am Tag von seinem Turm zum Gebet auf. In Kuala Lumpur hoert man sie gleichzeitig, wie im Dolby Arround System, aus allen Ecken rufen. Die malaysische Frauen erkennt man am Kopftuch. Sieht aber ganz witzig aus, wenn sie darueber einen Helm tragen und halb verschleiert Roller fahren. Auch ich musste mich ausserhalb der Grossstaedten anpassen und duerfte keine kurzen Hosen und Traegeroberteile mehr tragen. Malaysia ist ein Vielvoelkerstaat mit einer Vielfalt an Sprachen, Religionen und Kulturen. Diese Vielfaeltigkeit genossen wir wieder vor allem beim Essen. Aber auch hier scheint das Zusammenleben von Chinesen, Hindus, Buddhisten und Moslems harmonisch.
Wir sehen viele grosse neue Gelaendewaegen und das Auto ist ein Status-Symbol Die Strasen sind gut und die Highways hervorragend. Das Land ist guenstig: 1 ltr Benzin Euro 0,35 / 1 Abendessen fuer 2 Personen Euro 5,30 und eine Uebernachtung im Doppelzimmer Euro 8,00. Und wie in allen moslemischen Laender ist der Alkohol teuer.
Malaysia ist nicht so spektakulaer oder so fotogen. Es ist ein unauffaelliges Land und angenehm zu reisen.


Bisher gefahrene Kilometer: 27.900 km
davon in Malaysia: 1.300 km

 

 
   
 
Ayob und Azura
 
 
Ayob's Familie
 
 
  Batu-Caves  
     
 
 
 
 
In den Cameron Highlands. Tarzan und Jane waren auch da.
     
   
 
 
Kuala Lumpur
 
 
Petronas