22.11. - 22.12.03 Philippinen
Hoellentrip durch den philippinischen Buerokratendschungel und schweizer Engel

Es war bereits Nacht als unser Flugzeug in Manila zum Landeanflug ansetzte. Ein riesiges Lichtermeer strahlte uns entgegen und wir bekamen einen ersten Eindruck von der mehr als zehn Millionen Einwohner zaehlenden Hauptstadt der Philippinen. Mit dem Taxi ging es zum Hotel und unser Fahrer klaerte uns ueber das Wetter auf: "Zur Zeit haben wir nur 32 Grad C". Wir spuerten die extrem hohe Luftfeuchtigkeit und benoetigten ein paar Tage zur Eingewoehnung. Die Stadt erschlug uns auch foermlich mit ihrer ueberladenen Weihnachtsdekoration. Dank einer 300jaehrigen Herrschaft der Spanier sind mehr als 80% aller Filipinos roemisch-katholisch und es ist das einzigste christianisierte Land Asiens. Ein halbes Jahrhundert stand es unter amerikanischer Herrschaft und daher auch der Hang zur kitschigen Darstellung der Weihnachtsszene. Wie in den USA ist alles erlaubt was blinkt, leuchtet und hoffnungslos kitschig uerberladen ist.
Zu aller erst wollten wir unsere Visas von 15 auf 59 Tagen verlaengern lassen. Unsere Motorraeder befanden sich noch auf dem Seeweg und so hatten wir genuegend Zeit fuer einen Besuch bei der Einwanderungsbehoerde. Und zum ersten Mal bekamen wir es mit den Eigenheiten der philippinischen Behoerden zu tun. Das Wachpersonal am Eingang begutachtete uns kritisch von Kopf bis Fuss und verweigerte uns dann den Eintritt. "No Shorts!" Volker trug aufgrund der extremen Hitze eine kurze Hose und mit dieser ist ein Einlass bei den Behoerden strikt untersagt. Dies war unsere 1. Lektion und es sollten noch unzaehlige folgen. Vor dem Gebaeude lauerten Frauen denTouris wie uns auf und boten lange Hosen zum Verleih an. Diesen Service nahmen wir aber nicht in Anspruch. Nach 24 Stunden und einer horrenden Gebuehr waren unsere Visas verlaengert. Jetzt koennen unsere Motorraeder kommen. Bereits in Japan hatten wir uns bei der philippinischen Botschaft ueber die Einreisebestimmungen erkundigt und bekamen die Auskunft, dass es keine Probleme oder Sonderbestimmungen fuer Motorraeder gibt. Wie total falsch diese Aussage war, belehrten uns die naechsten 4 Wochen. Unser Schiffsagent in Japan war sehr kompetent und hatte grosse Erfahrung mit dem Verschiffen von Bikes. Das absolute Gegenteil fanden wir mit unserer Schiffsgesellschaft in Manila vor. Keiner wusste was zu tun war und zu welcher Behoerde wir gehen mussten. Nach mehreren Tagen und unzaehligen Behoerdengaenge stellte sich heraus, dass wir eine Einladung fuer eine Motorrad-Veranstaltung benoetigt haetten. Mit so einer Einladung ist die Einreise absolut unproblematisch. Wir hatten aber natuerlich keine und sprachen bei der Touristenbehoerde vor. Diese stellte uns einen Brief aus, in welchem sie unsere Einreise befuerwortete. Auch wendeten wir uns an die Mad Dogs, ein amerikanischer Motorradclub in Manila. Die sicherten uns ihre Hilfe zu und wollten uns eine Einladung zukommen lassen. Als sie aber nach einem halben Tag herausfanden, dass sich hinter dem Namen Kerstin eine Frau verbirgt, lehnten sie jegliche Hilfe ab. Das war und ist unverstaendlich und ist doch wiederum so bezeichnend fuer die amerikanischen Machos. Sollten sie doch bleiben wo der Pfeffer waechst........ Gleichzeitig verhandelten wir mit dem Zoll und hatten hierfuer auch die deutsche Botschaft eingeschaltet. Die deutsche Botschaft versuchte die Forderung von der Einfuhrsteuer, ca. US$ 1.000,00 in eine Geldruecklage umzuwandeln. Dies bedeutet, dass wir ca. US$ 1.000,00 in bar als Garantie fuer die Wiederausfuhr hinterlegen und dieses Geld dann bei der Ausreise wieder ausbezahlt bekommen. Unser naechster Gang wiederum war die Finanzbehoerde. Diese sollte das Schreiben der Touristenbehoerde bestaetigen. Wir warteten 3 Stunden und nichts geschah. Puenktlich um 12.00 Uhr liessen die Beamten ihre Zeitungen fallen und unterbrachen ihre Computerspiele fuer die Mittagspause. Geduldig warteten wir auch noch diese ab und eine Stunde darueber hinaus. Dann wurde es uns zu bunt. Ich bestand darauf den Abteilungsleiter sprechen zu duerfen. Die Mitarbeiter nannten irgendwelche Ausfluechte und nach unermuedlichem nachbohren erfuhren wir die unglaubliche Wahrheit. Der Abteilungsleiter schlief in seinem Buero und niemand traute sich ihn zu wecken! Unsere Geduld und Verstaendnis war aufgebraucht und ich wurde in meiner Forderung den Schlafenden zu wecken ziemlich laut. Und siehe da, der Chef nahm die Fuesse von seinem Schreibtisch, rieb sich den Schlaf aus den Augen und liess uns zu sich kommen. Er bestaetigte uns das erforderliche Schreiben und in windeseile fuhren wir zum Zoll. Es war bereits Freitagnachmittag und wir wollten vor dem Wochenende noch alles klaeren. Beim Zoll durften wir gleich mit der Chefin sprechen und diese erklaerte uns sehr freundlich, dass wir zurueck zu unserem Schlaf-Abteilungsleiter der Finanzbehoerde muessen. Dieser mus exakt festlegen ob und in welcher Hoehe wir Zollgebuehren zahlen muessen. Ab ins naechste Taxi und wieder quer durch die belebte Innenstadt. Aber die Finanzbehoerde war nun inmitten ihrer Vorbereitungen fuer die anstehende Weihnachtsfeier und maennliche Beamten in Frauenkleidung uebten im Buero fuer einen Auftritt. Hier war an diesem Nachmittag nichts mehr zu erreichen und wir wurden auf Montag vertroestet. Das Wochenende ziehte sich endlos hin und wir suchten ein paar Sehenswuerdigkeiten dieser Stadt auf. Aber spanische Kirchen interessierten uns soviel wie die Muellhalden direkt daneben. In dieser Stadt gibt es viel zu viele Autos, ein alltaegliches Verkehrschaos und sie stinkt aus allen Poren. Die Gegensaetze sind extrem. Wir besuchten ein riesengrosses, sauberes, klimatisiertes, bewachtes Einkaufszentrum, welches in seinem Angebot unseren in nichts nachsteht. Wir verirrten uns in einem Marktviertel, wo elend aussehende Strassenkinder und verwahrloste Krueppel und Bettler auf der Strasse leben. Neben den 5 Sterne Hotels fuer die Touristen aus aller Welt befinden sich Bretterbuden und die Slums dieser Stadt. Wir konnten dieser Stadt absolut nichts abgewinnen und hatten nun bereits 2 Wochen zwangslaeufig in ihr verbracht.
Am Montag suchten wir wieder unseren Schlaf-Beamten auf. Er hatte eine Entscheidung getroffen und teilte uns mit, dass er der Einfuhr unserer Motorraeder nicht zustimmen kann und dies strikt ablehnt. BASTA! Dies sass. Wortlos hoerten wir uns noch seine Begruendung an. Es existiert kein Gesetz welches eine voruebergehende Benutzung von auslaendischen Motorraedern in diesem Land gestatten wuerde. Wir wollten nur noch runter von dieser Insel. Wir hatten nun wirklich die Schnauze voll. Unserer unfaehigen Schiffsgesellschaft gaben wir den Auftrag sofort den Export unserer Motorraeder nach Singapur zu organisieren. Wir hatten nur noch 2 Wochen bis Weihnachten und in dieser Zeit musste der Transport ueber die Buehne gehen. Danach gab es erst wieder ein Schiff am 12. Januar.
Ich moechte unsere Gefuehle fuer die Philippinen, die auch als das Inselparadies mit ueber 7.000 kunterbunter Tropeninseln bezeichnet wird, wie folgt beschreiben: Man trifft eine(n) Fremde(n) und findet sie/ihn sympathisch. Man unterhaelt sich unvoreingenommen mit ihr/ihm und moechte mehr ueber sie/ihn erfahren. Und ploetzlich, aus heiterem Himmel und ohne ersichtlichen Grund rammt sie/er einem das Knie in den Unterleib. Die anfaengliche Sympathie ist mit einem Schlag wie weggewischt und man sucht nur noch das Weite. Und dies haben wir auch getan. Wir entschlossen uns diese Stadt zu verlassen und fuhren mit dem Bus 280 km nach Norden. In San Fernando erwarteten uns bereits Saem und Linda, 2 Schweizer. Die Beiden besitzen 6 Yamahas XT600 und Saem pflegt diese liebevoll. Voker fuehlte sich sofort wohl und half Saem bei seinen taeglichen Wartungsarbeiten an den Motorraedern. Linda wiederum zauberte jeden Abend die herrlichsten Gerichte und verpflegte uns beispiellos. Wir vereinbarten eine gemeinsame Motorradausfahrt und jeder von uns bekam eine XT600. Endlich wieder ein Motorrad unter dem Hintern, endlich wieder fahren. Saem legte ein waghalsiges Tempo vor und fuehrte uns ueber Bergpaesse und durch kurvenreiche Schluchten. Fuer einen Tag konnten wir unsere Sorgen vergessen und lernten einen Teil der Insel auf dem Weg kennen, wie wir es geplant hatten: mit den Motorraedern. Diese 2 schickte uns der Himmel und sie zeigten uns die positiven Seiten dieses Landes. Dazu gehoerte auch ein traumhafter Strand mit einem badwarmen Sued-Chinesischem Meer. Doch leider holte uns die Realitaet allzu schnell wieder ein. Der Export unserer Motorraeder bereitete grosse Probleme und wir mussten umgehend wieder nach Manila zurueck. Eine Woche war bereits erfolglos verstrichen wir hatten nur noch 6 Tage bis Weihnachten. Immerhin hatten wir eine Woche bei Saem und Linda verbringen koennen und liessen diese Beiden als Freunde zurueck.
Es ginge zu weit die ganzen Behoerdengaenge in unseren letzten 4 Tage in Manila zu beschreiben. Nur soviel: zuerst musste der komplette Papierkram fuer einen Import erledigt werden. Obwohl unsere Motorraeder das Lagerhaus des Zolls nie verlassen haben und auch nie importiert wurden. Das ganze gipfelte darin, dass so ein Arsch von Direktor entschied, dass wir nun doch eine Einfuhrsteuer von Euro 400,00 bezahlten sollten. Wir wuerden unser Geld in 4 Monaten wieder zurueckbekommen. Ein wirklich schlechter Witz und nach Lachen war uns auch nicht mehr zumute. Er machte uns den Vorschlag, dass wir eine Versicherung ueber diese Summe abschliessen koennten. Diese Versicherung garantiert den Export der Gueter und wie der Zufall es will hat wirklich rein zuefaellig sein Freund eine Versicherung, welches dies abdecken wurde. Dann ein goennerhaftes Laecheln und seine Beteuerung, dass er unsere Situation versteht und sich fuer uns verwenden wuerde. Er haette genauso gut entscheiden koennen, dass wir keine Steuer zahlen muessen. Nein, er arbeitete ganz nebenbei als Versicherungsverkaeufer. Ein gezwungenes Laecheln von uns zurueck. Es blieb uns nichts anderes uebrig als diese Vaeterleswirtschaft zu unterstuetzen. Es ist nicht uebertrieben, wenn wir behaupten, dass mindestens 30 Beamte ihren Servus unter unsere Papiere setzen mussten. Unsere Agentin schmierte jeden zweiten von ihnen und bekam unsere Dokumente in einem Tag durch diesen Buerokratendschungel. Es war Weihnachtszeit und jeder hielt nochmals die Hand auf. Samstagnacht sollten dann unsere Motorraeder verladen werden und am Vormittag suchten wir nochmals das Lagerhaus auf. Unauffaellig gaben wir dem Lagermeister einen halben Tageslohn in die Hand, um sicher zu gehen, dass unsere Motorraeder auch tatsaechlich verladen werden. Der Typ kuesste uns dafuer die Fuesse und versprach hoch und heilig sich persoenlich um die Verladung zu kuemmern. Ein halber Tageslohn sind ca. 100 Peso und dies entspricht ca. Euro 1,50. Eine wirklich verschmerzbare, laecherliche Summe. Jetzt mussten wir nur noch auf den Montag warten und auf unseren Flug nach Singapur. Die Philippinen, Manila und seine Behoerden wollten wir so schnell wie moeglich hinter uns lassen.


Land und Leute:
De Philippinen haben eigentlich viel zu bieten. Inselhuepfen, traumhafte Straende, imposante Reisterassen, aktive Vulkane, dichte Regenwaelder und, und, und. Alles was wir kennenlernten war ein Dschungel. Ein dichter, undurchdringlicher Buerokratendschungel. Und dabei sind die Filipinos immer freundlich, sehr hoeflich und stetig laechelnd. Das Ganze ist so falsch wie eine gefaelschte Banknote. Einzig positiv sind die niedrigen Preise, eine Flasche Gin kostet Euro 1,70, eine Flasche Bier Euro 0,40, eine Schale Reis Euro 0,08 und eine 6 Stunden Busfahrt Euro 4,00 pro Person. Aber mit allen zu bezahlenden Gebuehren, Steuern und Schiffsrechnungen wurde es fuer uns schnell zum teuersten Land unserer bisherigen Reiseroute. Wir fanden es abstossend, wie sich das ganze Land als ein grosser Heiratsmarkt entpuppte. Grosse, dickbaeuchige, haessliche weisse Maenner sahen wir immer in Begleitung von kleinen, zierlichen, huebschen Filipinas. Wie wir aber mit der Zeit herausfanden, sind die Maenner zu bemitleiden, da sie sich um ihr Geld bringen lassen. Wir staunten auch nicht schlecht ueber die Hinweisschilder am Eingang von Banken, Restaurants und oeffentlichen Gebaeuden: Please deposit your gun - Bitte hinterlegen sie ihre Waffe am Eingang. Zu keiner Zeit fuehlten wir uns richtig wohl.
Wie auch immer, was sollen wir auch ueber ein Land schreiben, dass uns nicht haben wollte?

Gefahrene Kilometer: 0


Bilder folgen
(genauer gesagt: ein Bild. Wir konnten uns nicht aufraffen in diesem Land Bilder zu machen)