22.12.03. - 10.01.04 Singapore
Multikulturelles Einkaufsparadies und unser verspaeteter Weihnachtsmann

Singapore - etwa 3 Mio. Menschen, Wirtschaftswunderland, Wolkenkratzer, Banken, Einkaufsmeilen, Wohnsilos, Autobahnen und Freizeitparks. Die Strassen sind gefegt und keine obdachlosen Bettler in den gepflegten Gruenanlagen, die Grossstadt des 21. Jahrhunderts. Der Flug von Manila nach Singapore war fuer uns somit auch eine Art Zeitreise. Im Flughafengebaeude muessen wir eine lange Rolltreppe nach unten nehmen und werden dabei vollautomatisch von Temperatur-Sensoren ueberprueft. SARS laesst gruessen. Aber wir erfreuten uns ja bester Gesundheit. Volker bekam erst vier Tage spaeter einen starken Schnupfen. Die Ursache hierfuer lag aber an den vollklimatisierten
U-Bahnen und Gebaeuden. Vom Flughafen zur Innenstadt benutzten wir die Metro (unsere Motorraeder waren ja schon wieder mal auf einem Schiff) und konnten zum ersten Mal die futuristischen Stationen bestaunen. 3, 4 Stockwerke unter der Stadt und mit den feinsten Steinfliesen ausgekleidet. In den Fluren und Zugaenge blitzt es nur so vor Sauberkeit und auf den Fussboeden koennte man tatsaechlich essen. Hier ist aber Essen, Trinken und Rauchen unter Strafe absolut verboten. Einmal hatten wir ein frisches Baguet gekauft und gingen in die U-Bahn. Da steigt uns nun der frische Duft dieser franzoesischen Koestlichkeit in die Nase, die Plastiktuete laeuft von dem warmen Brot an und saemtliches Wasser laeuft uns im Munde zusammen. Und wir durften nicht hineinbeissen (Euro 250,00 Strafe), dies war beinahe unertraeglich. Vieles ist in dieser Stadt verboten. Kaugummi darf schon gar nicht eingefuehrt werden, geschweige den ausgespuckt. Das witzigste Verbot: kein urinieren in Aufzuegen! Wenn ich auch oft diesen Dran verspuere, so konnte ich es mir doch verkneifen in die Aufzuege zu pinkeln. Trotzdem fuehlten wir uns wohl in dieser Stadt und bezogen ein winziges, sauberes Zimmer in Chinatown. Wir hatten aber wieder die gleiche Situation wie in Manila: warten. Warten auf unsere Motorraeder und warten auf Diersi, unseren Freund und seine Mutter. Dieses mal fiel uns das Warten aber leichter. Am Heiligenmorgen bummelten wir ueber die gut 2 km lange Einkaufsmeile. Eine Ansammlung protziger Shopping Centres und hier regiert der Konsum. Wir mussten uns wirklich fragen, wer denn das alles einkaufen soll, was da hinter endlosen vollklimatisierten Glasfronten feilgeboten wird. Es wimmelte zwar von Einkaufswuetende, die noch kurz vor Heiligabend ihre letzten Besorgungen machten, aber das Angebot uebersteigt saemtliche Nachfrage. Es war aber wieder einer der Momente, in denen ich heilfroh war, keinen Platz fuer irgendwelche unnuetzen Dinge zu haben. Ansonsten haette ich Kleider, Schmuck, Andenken und vor allen Dingen Schuhe, Schuhe, Schuhe kaufen koennen........ Und wie Maenner nunmal so sind, konnte Volker in dem Einkaufsbummel keinen Sinn sehen, da wir ja nichts kauften. Ich hielt mich also zurueck und so goennten wir uns zu Weihnachten nur 2 dicke deutsche Buecher als Geschenk. Den Heiligenabend verbrachten wir auf unserer Dachterrasse mit billigem Wein und einer Tuete Nachos. Wir fuehlten uns so richtig wohl und waren froh, den Weihnachtstress nur als eine Erinnerung in weiter Ferne zu erleben. Auch fehlte uns das jaehrliche "Fressen" ueber diese Feiertage nicht und wir hatten kein Voellegefuehl. Wir muessen aber zugeben, dass uns die "Weihnachtsbredle" (Gepaeck) doch gefehlt hatten.
Am 30.12. war es dann soweit, nach 6 verdammt langen Wochen hatten wir wieder unsere geliebten Motorraeder. Bereits im Vorfeld mussten wir beim Automobilclub eine Versicherung abschliessen und benoetigten dann beim Hafenzoll nur noch 15 Minuten fuer die Abwicklung. So einfach kann es gehen. Es war eine Selbstverstaendlichkeit unsere Dokumente abzustempeln und unser "Carnet de Passage" war kein Zolldokument von einem anderen Stern. Jipieeeee, es konnte wieder losgehen. Auch unsere Motorraeder feuten sich aus ihren Boxen wieder in die Freiheit zu kommen. Sie bedankten sich bestens dafuer und sprangen beide bei der ersten Startknopfberuehrung sofort an. Und kaum hatten wir unsere Bikes unter dem Hintern, war auch unsere Welt wieder in Ordnung. 10 Minuten auf den Strassen von Singapore und wir traffen den ersten Biker. Nach einer kurzen Unterhaltung fuhr uns Ayob vorne weg und zeigte uns den Weg zur Insel Santosa, auf welcher wir campen wollten. Wir verabredeten uns auf ein Abendessen und er lud uns in sein Haus nach Malaysia ein. Auf die Insel selbst konnten wir dann aber doch nicht: verboten fuer Motorraeder. Wieder so ein Verbot in dieser Stadt. Da wir ja auch nicht in Aufzuege urinieren, fuhren wir also auch nicht auf diese Insel. Uns blieb nichts anderes uebrig wie zurueck nach Chinatown. Aber auch damit hatten wir ein kleines Problem. Auf allen Strassen in die Innenstadt stehen Mautstellen mit elektronischen Erfassungsgeraeten fuer die Strassengebuehren. Die Fahrzeuge haben das passende Gegenstueck an der Konsole, bzw. Motorraeder am Lenker montiert. Wir waren natuerlich nicht im Besitz dieser Empfaengereinheit und mussten somit unsere Motorraeder irgendwie in die Innenstadt schmuggeln. Wir suchten uns dafuer eine kleine Seitenstrasse mit wenig Verkehr aus. Wir schauten nach links und rechts sowie nach vorne und hinten und fuehlten uns staendig beobachtet als wir unsere Motorraeder 50 m auf dem Gehweg an der Mautstelle vorbeischoben. Schweissgebadet stiegen wir an der Fussgaengerampel wieder auf und reihten uns unauffaellig in den Verkehr ein. Wir moechten gar nicht daran denken, was die Polizei mit uns gemacht haette, wenn wir erwischt worden waeren. Nun hatten wir also unsere Bikes in der Innenstadt und konnten und wollten sie nun innerhalb des Stadtzentrums nicht mehr benutzen. Mit unseren Motorraeder bekamen wir auch unser Gepaeck wieder, welches sich ebenfalls in den Holzkisten befand. Wir hatten in Tokyo nur einen Rucksack mit dem Noetigsten mitgenommen und mussten nun die letzten 6 Wochen mit 2 Unterhosen, 2 T-Shirt und je einer Hose auskommen. Wir gingen ja von einer Woche Wartezeit aus und nicht von sechs. Wenn wir auch immer gedacht haben, dass wir auf dem Motorrad nur das Noetigste dabei haben, so kamen wir nun mit noch weniger aus. Grund genug uns ueber unsere Koffer herzumachen und auszusortieren. Wir waren den Nachmittag des 31.12. voll damit beschaeftigt und gingen erst um 22.00 Uhr auf die Strasse und Richtung Singapore River. Dort schoben sich die Menschenmassen entlang der Flusspromenade und wir suchten noch verzweifelt einen Laden. Mit irgendetwas wollten wir ja schliesslich um 0.00 Uhr anstossen. Erst eine halbe Stunde vor Mitternacht fanden wir einen Shop, der uns illegaler Weise Alkohol verkaufte (nach 21.00 Uhr an Sylvester verboten). Da das Kuehlfach mit einer Eisenkette gesichert war, bekamen wir noch warmen Wein, 2 warme Bierdosen und eine Plastiktuete voll Eiswuerfel. Ja, hier ist es an Sylvester so heiss, dass man seine Getraenke kuehlen muss! (Baetsch) Wir machten uns mit unseren Getraenken auf einer Bank breit und beobachteten das Treiben um uns rum. Natuerlich sind Feuerwerkskoerper verboten und die Menschen waren mit Spruehdosen bewaffnet und schossen Luftschlangen aus diesen aufeinander ab. Punkt 0.00 Uhr prosteten Volker und ich uns zu und wir waren weit und breit die Einzigsten mit Alkohol in der Hand. Fast. Wir endeckten ein Paar mit einer Flasche Henkel - es waren natuerlich Deutsche. Und wir vier, die Minderheit der auf oeffentlichen Plaetzen Alkohol Trinkenden, taten uns fuer den Rest der Nacht zusammen. Danke an Martin und Marion, es war eine nette Sylvesternacht mit Euch.
Wir mussten auch der Handle-Bar, eine Motorradkneipe einen Besuch abstatten. Wir konnten ja nicht ahnen, dass wir unsere Betten erst wieder nach Sonnenaufgang sehen sollten. Die Kneipe ist vollgestopft mit Biker-Untensilien und an diesem Samstag-nachmittag liessen viele ihr Motorrad polieren. Der Waschservice befand sich hinter der Bar und nach Fertigstellung fuhren die Biker einfach einmal quer durch die Bar hindurch auf die andere Seite zum Parkplatz. Leider waren wir mit dem Bus gekommen und konnten unsere Bikes nicht durch diese Bar fahren. Wir verstanden uns praechtig mit Chris und Jan, den jungen Besitzern. Chris lud uns zum Abendessen ein und lies seine Frau alleine in der Bar zurueck. Er brachte uns in ein thailaendisches Restaurant. Ich war etwas skeptisch und wies Chris darauf hin, dass ich keine scharfen Speisen mag. Chris bestellte das komplette Essen und wir mussten von den Suppen, Fisch- und Fleischgerichten sowie dem Gemuese essen. Als Erstes probierte ich also einen Tropfen dieser thailaendischen Suppe. Oh mein Gott, ich spie Feuer. Das Brennen breitete sich in meinem kompletten Rachen aus, kroch den Hals hinunter und auch meine Lippen brannten lichterloh. Ich war am sterben. Meine Augen quollen hervor und Schweiss trat auf meine Stirn. Ich verschlang einen Liter Wasser, ein halbes Kilo Reis und nichts linderte meinen Schmerz. Das restliche Essen hatte fuer mich keinen Geschmack mehr und meine Geschmacksnerven waren wund. Wie kann Essen nur so scharf sein? Und warum kann es einem dann immer noch schmecken? Volker fand diese Suppe nur "etwas" scharf und genoss das Essen in vollen Zuegen. Natuerlich standen auch ihm die Schweissperlen auf der Stirn und Nase, aber er erlitt keine Verbrennungen dritten Grades. Ich nahm mir fest vor in Thailand nur zu MC Donalds zu gehen. Wie auch immer, wir landeten anschliessend in einer netten Kneipe mit Livemusik und kamen erst spaet in der Nacht auf ein letztes Bier in die Handle-Bar zurueck.
Ein paar Tage spaeter kamen Diersi und Gerda nach Singapore und wir hatten ein freudiges Wiedersehen. Fuer uns war es auch wie verspaetete Weihnachten, mit Diersi als Weihnachtsmann. Wir sassen unter Palmen, den Swimming Pool im Ruecken und packten Geschenke aus. Und wenn ich irgendwas auf dieser Reise vermisst habe, so waren es die Kuchen meiner Mutter. Und diese wiederum kennt mich sehr genau. Und so kam es, dass wir also unter Palmen sassen und Linzertorte aus Moettlingen assen. Welch ein Genuss! Die Nussecken meiner Schwester hebten wir uns fuers Fruehstueck auf. Volkers Mutter dagegen hatte wohl geahnt, dass neue Unterwaesche und T-Shirts angebracht sind. Danke auch an Biggi fuer ihr Geschenk.
Mit Diersi und Gerda verbrachten wir die naechsten Tage und gingen auf Sightseeing-Tour. Die Jungs streichelten kleine Haie im Streichelbecken der Underwaterworld. Wir waren von dieser Idee begeistert und selbst Gerda konnte sich ueberwinden die Hand ueber den Ruecken eines Haies gleiten zu lassen. In einem 100 m langen Acryltunnel bestaunten wir die Haie, Rochen und Muraenen. In diesem Tunnel fuehlte man sich inmitten der Unterwasserwelt und wir waren regelrecht eingetaucht und sahen zum ersten Mal diese Meerestiere auch von unten. (der Hammerhai hat einen richtigen Kussmund!) Bei der Delfinshow, mit rosaroten Delfinen, durfte Diersi einen Delfin knutschen und stand dabei bis zu den Schultern im Wasser. Auf jeden Fall machte er dabei eine bessere Figur wie zuvor mit dem Hulla-Hupp-Reifen. Wir verbrachten auch viel Zeit beim Wahrzeichen Singapores, dem Merlion. Eine 8 m hohe, wasserspuckende Meerjungfrau-Loewen Statue. Anschliessend schlenderten wir durch Chinatown und den derzeit dort stattfindenden chinesischen Neujahrsmarkt. Am 22.01. ist das chinesisches Neujahr und bis dahin kann man verschiedene Gluecksbringer und sonstige kitschige Anhaenger und Wandschmuck erwerben, wobei die Farben Rot und Gold alles beherrschen. Es war schoen ein paar Tage mit Freunden zu verbringen und wir genossen das eine und andere Bier gemeinsam. Die Zeit war viel zu kurz und als die 2 sich verabschiedeten, machten auch wir uns fuer die Weiterreise fertig. Ayob, der Biker, den wir auf der Strasse kennen gelernt hatten, holte uns ab und wir wollten gemeinsam zu seinem Haus nach Malaysia fahren. Zu Dritt fuhren wir an die Grenze und der Zoellner hatte noch nie ein Carnet gesehen, liess sich aber bereitwillig erklaeren, wo er es abzustempeln hatte. Wir liessen nun Singapore hinter uns und fuhren ueber eine Bruecke auf unser 15. Land - Malaysia - zu.

 

Land und Leute:
Wenn man sich an gewisse Regeln haelt und die Verbote beachtet, ist Singapore sehr angenehm. Es ist eine Stadt, in welcher sich ein 3 Tagesaufenthalt als Zwischenstop lohnt. Und natuerlich ist sie ein Einkaufsparadies, wenn man genuegend Platz und das noetige Kleingeld besitzt. Zur Einstimmung auf Suedostasien ist sie bestens geeignet. Fuer uns war sie auch eine Oase der Zivilisation mit einem Touch westlichen Flairs.
In Chinatown wird vieles nicht so eng gesehen und das Rauchen auf der Strasse ist normal. Auch sind die Strassen noch lange nicht so gepflegt und man sieht doch tatsaechlich auch einmal einen Muellberg in den Hintergassen. Ein eher seltener Blick in Singapore. In unserem Gaestehaus mussten wir z.B. den Muell trennen und vor der Haustuere standen 5 verschiedene Muelleimer. Wir fuehlten uns gleich wie zuhause.
Die Menschen sind alle sehr freundlich, neugierig aber nicht aufdringlich. Von der Bevoelkerung sind 80% chinesischer Abstammung, 15% Malaien und 5% Inder. Es gibt buddhistische, chinesische und hinduistische Tempel. Daneben stehen die muslimische Moscheen und die christlichen Kirchen. In dem Stadtteil Little India werden z.B. die hinduistischen Feiertage gefeiert und in Chinatown die chinesischen und die Einkaufsmeile Orchard Road war fuer Weihnachten geschmueckt. (Man verbindet hier den Konsum mit Weihnachten, was nicht weiter verwunderlich ist und auch nicht vom Rest der Welt so abweicht) Die Menschen sind sehr tolerant anderen Religionen gegenueber und wir hatten das Gefuehl, dass das Zusammenleben verschiedener Kulturen und Relgionen auf so engem Raum hervorragend funktioniert.
Das Essen ist auch erwaehnenswert. Nach unserem Speiseplan zu urteilen, haben wir schon ganz Asien erlebt. In Singapore assen wir Indisch, Chinesich, Koreanisch, Thailaendisch und Malayisch.


Bisher gefahrene Kilometer: 26.200 km
davon in Singapore: 20 km

 

 
   
 
Weihnachten
 
 
Unschwer zu erkennen: Silvester
 
 
   
     
 
 
 
 
     
   
 
Chinatown