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Ungarn, Fest im
Winterschlaf 20. 29.04.2003
Am Ostersonntag passierten wir die ungarische Grenze und hatten uns den
Plattensee als nächstes Ziel auserkoren. Das Südufer, größte
Touristenattraktion Ungarns, befand sich noch im Winterschlaf. Selbst
Siofok glich einer Geisterstadt. Die noch geschlossenen Trinkhallen, unzählige
Bars, Kneipen und Restaurants lassen uns erahnen wie überfüllt
dieser Ort in der Hauptsaison sein muss. Mangels eines geöffneten
Campingplatzes oder sogar Pension, mieteten wir uns eine kleine Wohnung
mit Schlaf- und Wohnzimmer sowie einer Küche. Wir genossen den Ostersonntagabend
in vollen Zügen bei Kaminfeuer mit einer Flasche ungarischem Wein,
einer Tüte Chips und "Gladiator" auf RTL. Trotz all dem
Luxus blieben wir nur 2 Nächte. Uns zog es in die Puszta - das geheimnisvolle
Flachland Ungarns. Zuvor musste ich aber meinen Kofferträger schweißen
lassen, der erneut gebrochen war. Wir machten an einer LKW-Werkstatt Halt
und verständigten uns mit einem äußerst lustigen Kauderwelsch
aus unserem deutsch und dem ungarisch des dortigen Schweißers. Dann
ging es auf endlos schnurgeraden Strassen weiter gen Osten. Die Landschaft
bot auch keine Abwechslung und so war es dann auch langweilig zum Motorrad
fahren. Am Theiss-See, im Osten Ungarns, mussten wir uns erneut ein Appartement
mieten. Alle anderen Unterkunftsmöglichkeiten eröffnen erst
am 01. Mai die Saison. In der Vorsaison kostet aber so eine Wohnung umgerechnet
Euro 16,00 pro Nacht. Volker brachte dann doch tatsächlich einen
halben Tag damit zu, den Receiver in Gang zu bringen. Seine Improvisation
kannte keine Grenzen. Selbst die Klemme unserer Prueflampe musste herhalten.
Von dem vorhandenen Antennenkabel wurde kurzerhand ein Stück abgeschnitten
und zwischen Receiver und TV verkabelt und am Ende hat er es doch tatsächlich
geschafft 5 deutsche Sender zu empfangen.
Wir machten uns auf den Weg nach Hortobagy, dem Herzstück des Pussta.
Die Pussta ist ein Flachland im Osten Ungarns und besteht aus Ackerland,
riesige Weiden und unzugänglichen Sumpfgebieten. Kilometerlange,
kerzengerade Strassen sind typisch und oedeten Volker an. Er konnte der
Pussta keinen Reiz abgewinnen. Ich versuchte es auf den 2. Blick und entdeckte
einige interessante Dinge. Dachdecker, welche ein Strohdach deckten, sehr
alte Balkenbrunnen die immer noch im Betrieb sind, kleine, ärmliche
Bauernhöfe sowie riesige Gutshöfe und ehemalige Kolchosen, Gestüte
mit rassigen Pferden, Pferdefuhrwerke die das Viehfutter nach Hause brachten
oder mit denen sogar noch der Acker umgepflügt wurde. Auch entdeckte
ich viele bewohnte Storchennester auf den Kaminen.
Wir verließen die Pussta und nahmen das Matra- sowie Cserhat-Gebirge
unter unsere Räder. Links-Rechts-Kombinationen reihten sich zu einem
Traum von Motorradstrecke aneinander. Ein paar Tropfen Regen konnten uns
dies auch nicht vermiesen. Ein Teil der Strecke soll hier eine bekannte
Bergrennstrecke sein. War uns egal, wir genossen einfach die herrlichen
Kurven. Volker suchte immer wieder Nebenstrecken heraus. Die Strassen
wurden immer schmäler und Gegenverkehr gab es kaum noch. Es ging
durch urige Bergdörfer mit Ziehbrunnen im Vorgarten und durch traumhafte
Täler. In den kurvenreichen Strecken war aber auch Vorsicht geboten.
Immer wieder tauchte mitten im Scheitelpunkt einer Kurve Schotter, Geröll
oder Dreck auf. Und die Schlaglöcher sind auch nicht ohne. Trotzdem,
nach der Pussta war es endlich wieder Motorradfahren für uns. Nur
ein Umstand störte die Harmonie ein wenig. Wir wurden von den Menschen
regelrecht angestarrt. Soviel Aufsehen könnten wir in Weil der Stadt
nur hervorrufen, wenn wir außerhalb der Fasnet auf einem Elefanten
durch die Stadt reiten würden.
Budapest ließen wir links liegen und folgten dem Verlauf der Donau
bis Esztergom. Der Campingplatz hatte geöffnet und wir waren die
einzigsten Gäste. Wir genossen den strahlenden Sonnenschein an der
Donau (welche aber nicht schön und blau ist) und hatten innerhalb
kürzester Zeit unseren ersten Sonnenbrand. Volker nutzte die Zeit
und checkte beide Motorräder komplett durch und führte kleinere
Reparaturen durch. Meine Dolly läuft seither prima und hat keine
Aussetzer mehr.Land und Leute:
Der gute alte, knarrende und stinkende Trabi findet hier Verwendung. Aber
auch die neuesten Modelle von VW, Opel und japanischen Herstellern durchkreuzen
die Strassen. Uns sind die extremen Gegensätze sehr stark aufgefallen.
Dort die super feudal, mit Marmorsäulen im Eingangsbereich ausgestattete
Villa und hier die halb zerfallene Hütte, mit Materialien ausgebessert
welche gerade zur Verfügung standen. Gewundert haben wir uns über
die jungen Männer, die mit neuesten Motorrädern aller Marken
die Strassen hoch und runter heizten. Dazu die Leder- und Textilkombis
vom Feinsten. Das kann sich bei uns kaum Einer leisten.
Dem Umstand zu verdanken, dass wir die meiste Zeit eine eigene Küche
hatten, haben wir immer gekocht und können somit die ungarische Küche
nicht beurteilen.
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